Der Business Model Canvas: Dein Geschäftsmodell kompakt

von Werner Sammer

Das Geschäftsmodell kompakt auf ein Blatt Papier bringen. Geht nicht, sagst du? Mit dem Business Model Canvas stellst du das Wesentliche deines Konzepts übersichtlich dar und kannst dein Startup weiterentwickeln. Wir stellen dir heute das praktische Tool vor.

Business Model Canvas

Mit dem BMC packst du dein Geschäftsmodell auf ein einziges Blatt Papier.

Mit dem Business Model Canvas kannst du deine Startup-Idee einfach visualisieren und testen, ob dein Geschäftsmodell wasserdicht ist. Entwickelt wurde die Methode von Alexander Osterwalder im Jahr 2004 und hat seither einen regelrechten Siegeszug rund um die Welt angetreten. Alles was du brauchst, sind ein gedrucktes Exemplar eines Business Model Canvas (man kann ihn auch selbst zeichnen) und ein paar Post-Its.

 

Was bringt der Business Model Canvas?

 

  • Fokus

    Der BMC hilft dabei, den Fokus darauf zu richten, was das Geschäft wirklich antreibt – das Gehör für die Kundenwünsche. Er zeigt dir ebenso, welche Tätigkeiten nicht so wichtig sind und dir eher im Weg stehen. So kannst du dein Geschäftsmodell gegebenenfalls nachschärfen und dich auf das Wesentliche konzentrieren.

  • Flexibilität

    Es ist ein einfaches Brainstorming-Tool, um sich Gedanken über sein Geschäftsmodell zu machen. Dementsprechend ist es einfacher, neue Dinge zu probieren und verschiedene Modelle parallell auszutesten. Businesspläne sind unflexibel und oft mühsam zu lesen (40 Seiten und mehr!), der Business Model Canvas hingegen beliebig variierbar.

  • Transparenz und Nachvollziehbarkeit

    Für Außenstehende und selbst für dich ist das Businessmodell einfacher und schneller verständlich als in einem Businessplan.

 

Natürlich kann der Business Model Canvas den Businessplan nicht ersetzen. Dennoch kannst du durch diese Methode Schwachstellen im Geschäftsmodell erkennen und wirst angeleitet, alle relevanten Punkte im Geschäftsmodell zu bedenken. Und schließlich hilft dir der BMC, ein Grundgerüst für den Businessplan zu erstellen.

 

Und wie wende ich den Business Model Canvas an?

Lade dir zunächst den Business Model Canvas als PDF herunter und drucke ihn dir aus (es bietet sich an, den Canvas im Format A0 zu drucken). Nutze am besten Post-Its, um die ersten Gedanken zu visualisieren und Anmerkungen für jeden Bereich aufs Plakat zu kleben. Bei der Diskussion der 9 Elemente wird typischerweise in einer bestimmten Reihenfolge vorgegangen.

Business Model Canvas

Damit das Beispiel für dich einfacher verständlich ist, ziehen wir das Beispiel Twitter von Alexander Cowan heran. Für jeden Gedanken wurde ein „Post-It“ aufgeklebt. Unterschiedliche Farben kennzeichnen dabei unterschiedliche Kundensegmente.

 

1.  Kundensegmente / Customer Segments

Am Anfang aller Überlegungen: die Nutzer, (zahlenden) Kunden oder Abonnenten. Also alle Personen oder Organisationen, für die dein Startup mit deinem Angebot einen Wert schaffen möchte. Das Geschäftsmodell wird dann sorgfältig anhand der Bedürfnisse der Zielgruppen entwickelt.

Fragen, die du dir stellen solltest

  • Für wen schaffe ich mit meinem Angebot einen Wert?
  • Wer sind meine wichtigsten Kunden?


Was in diesem Feld stehen sollte
eine Liste an Personas (Gruppen von Nutzern mit bestimmten Eigenschaften und Nutzungsverhalten) oder Kundensegmenten. Im besten Falle hat man für diese eine Prioritätenliste.

Gezeigt am Beispiel Twitter
User
, Unternehmen und Entwickler als Post-Its bei „Customer Segments“ aufkleben

 

2.  Wertangebote / Value Proposition

Als zweiter Schritt folgt: zu jedem Kundensegment gehört ein passendes Werteversprechen. Dieses ist auf die Bedürfnisse des Kundensegments perfekt abgestimmt.

Fragen, die du dir stellen solltest

  • Für welches Problem wollen diese Kunden eine Lösung haben?
  • Welchen Nutzen/Mehrwert biete ich dem Kunden?
  • Welche Kundenbedürfnisse möchte ich erfüllen?
  • Welche Kombination von Produkten und Services biete ich den Zielgruppen an?


Was in diesem Feld stehen sollte
Value Propositions (nach Priorität geordnet), die mit passenden Personas oder Kundensegmenten verknüpft sind.

Gezeigt am Beispiel Twitter
User:
verbunden bleiben, News und Ereignisse mitverfolgen
Unternehmen: zielgerichtetes Marketing
Entwickler: Twitter-Apps für unterschiedliche Plattformen

 

3.  Kanäle/ Channels

Nun musst du dir die Frage stellen, über welche Vertriebs- und Kommunikationskanäle du mit deinen Kunden in Kontakt treten möchtest und den „Value“ lieferst.

Fragen, die du dir stellen solltest

  • Auf welchem Weg bzw. durch welche Kanäle erreiche ich meine Kunden?
  • Welcher Kanäle funktionieren am besten? Was sind die besten Berührungspunkte?


Was in diesem Feld stehen sollte
eine Liste an wichtigen Kanälen, die mit den Personas oder Kundensegmenten verknüpft sind. Du solltest dir zusätzliche Anmerkungen machen, wie und wann diese Kanäle für Nutzer relevant werden (Stichwort Customer Journey).

Gezeigt am Beispiel Twitter
User:
Website, Desktop-App, Mobile App, SMS 
Entwickler: Twitter API

 

4.  Kundenbeziehungen / Customer Relationsships

Im vierten Segment liegt der Fokus darauf, welche Form von Beziehung du mit deinen Kunden pflegen möchtest.

Fragen, die du dir stellen solltest

  • Welche Art von Beziehung pflege ich zu den Kunden?
  • Was tue ich für den Aufbau, die Pflege und Erweiterung der Beziehung?
  • Passt die Form der Kundenbeziehung zu meinem Geschäftsmodell?


Was in diesem Feld stehen sollte
eine Beschreibung der Kundenbeziehungen, Unterschiede zwischen Kunden solltest du dabei separat kennzeichnen.

Gezeigt am Beispiel Twitter
User:
Community, automatisierte Dienstleistung (Beispiel)

 

5.  Einnahmequellen / Revenue Streams

Hier beantwortest du für dich, in welcher Form du Einnahmen erzielen möchtest. Preisstrategien sind hier gefragt.

Fragen, die du dir stellen solltest

  • Für welchen Nutzen sind meine Kunden bereit zu zahlen? Und wie viel?
  • Gibt es vergleichbare Produkte/Services? Wie sehen dort die Einnahmequellen aus?
  • Wie viel trägt jede der einzelnen Umsatzquellen zum Gesamtumsatz bei?


Was in diesem Feld stehen sollte
eine Liste an Einnahmequellen, die idealerweise mit den Personas, Segmenten oder Value Propositions verknüpft sind.

Gezeigt am Beispiel Twitter
Lizenzen für bestimmte Daten(-ströme), Gesponserte Tweets (Promoted Tweets), Promoted Accounts, Promoted Trends, Analysen

 

6.  Schlüsselressourcen / Key Resources

In diesem Feld gibst du an, welche Ressourcen und welche Infrastruktur du benötigst, um dein Produkt/dein Service anbieten zu können.

Fragen, die du dir stellen solltest

  • Auf welchen Ressourcen baut meine Value Proposition maßgeblich auf?
  • Welche Schlüsselressourcen brauche ich, um den Kundennutzen zu erfüllen?
  • Welche Ressourcen erfordern meine Distributionswege/Kundenbeziehungen/Erlösquellen?


Was in diesem Feld stehen sollte
eine Liste an Schlüsselressourcen, die an die Value Propositions gebunden sind.

Gezeigt am Beispiel Twitter
Gesamte Plattform Twitter.com

 

7.  Schlüsselaktivitäten / Key Activities

Bei den Schlüsselaktivitäten solltest du an alle zentralen Aktivitäten denken, die erforderlich sind, damit du dein Produkt/dein Service anbieten kannst.

Fragen, die du dir stellen solltest

  • Welche Aktivitäten muss ich durchführen, um den Kundennutzen zu erfüllen?
  • Welche Aktivitäten sind für die Vertriebskanäle notwendig, welche für die Kundenbeziehungen?


Was in diesem Feld stehen sollte
eine Liste an Schlüsselaktivitäten, die an die Value Propositions gebunden sind. Sind ebenso mit den Schlüsselressourcen verknüpft.

Gezeigt am Beispiel Twitter
Plattform-Entwicklung

 

8.  Schlüsselpartner / Key Partners

Musst du auf Ressourcen von externen Zulieferer zurückgreifen? Oder lagerst bestimmte Tätigkeiten aus? Hier führst du deine Kooperationspartner an.

Fragen, die du dir stellen solltest

  • Wer sind meine Schlüsselpartner, wer meine wichtigsten Lieferanten?
  • Bei welchen Schlüsselressourcen/Schlüsselaktivitäten bin ich von Partnern abhängig?


Was in diesem Feld stehen sollte
eine Liste von Schlüsselpartnern. Die Verbindung zu den Schlüsselaktivitäten solltest du dabei anmerken.

Gezeigt am Beispiel Twitter
Medienkonzerne, Mobilfunkbetreiber, Suchanbieter, Geräteanbieter

 

9.  Kostenstruktur / Cost Structure

Schlussendlich betrachtest du die Finanzplanung für dein Startup.

Fragen, die du dir stellen solltest

  • Welche Kostenstruktur ergibt sich aus den Planungen?
  • Welche Schlüsselressourcen/Schlüsselaktivitäten sind die Kostentreiber?


Was in diesem Feld stehen sollte
Value Propositions (nach Priorität geordnet), die mit passenden Personas verknüpft sind.

Gezeigt am Beispiel Twitter
Angestellte und Server

 

Am Ende sieht der fertige Business Model Canvas für Twitter so aus:

Twitter Business Model Canvas

Fragen zum BMC-Konzept? In diesem YouTube-Video wird das Business Model Canvas herzig und anschaulich erklärt. Und Beispiele wie Skype, Amazon und Google werden in diesen interessanten Slides auf Slideshare erläutert.

Noch einfacher verständlich als der Business Model Canvas von Osterwalder ist vermutlich die überarbeitete Systematik von Tristan Kromer. Er erklärt in seinem Lean Startup-Blog Grasshopperherder.com alle Änderungen, wobei der Fokus auf der User Experience liegt. Zahlt sich aus, reinzulesen!

Business Model Canvas for UX

 

Wie komme ich zu weiteren Infos und Materialien zum Business Model Canvas?

Hier die wichtigsten Materialien im Überblick:

  • Der Business Model Canvas ist als PDF unter businessmodelgeneration.com downloadbar. Dankenswerterweise stellt Alexander Osterwalder die Canvases unter einer Creative Commons-Lizenz zur Verfügung.
  • Wer sich damit leichter tut: Den Business Model Canvas gibt es auch in einer deutschen PDF-Version.
  • Wer seinen Business Model Canvas lieber in digitaler Form speichern und sich nicht mit Plakaten herumplagen möchte, kann sich das BMC-Tool von Canvanizer ansehen.
  • Noch besser ist der digitale Business Model Canvas auf bmfiddle.com.
  • Und will man sich ohnehin weiter in die Materie vertiefen, kann man sich das Buch von Alexander Osterwalder auch gleich besorgen.

 

Viel Spaß beim Business-Modellieren!

 

Bild: JAM Visual Thinking, businessmodelgeneration.com