Nachdem du vielleicht schon unseren Artikel über den Business Model Canvas gelesen hast und aktiv an der Ausarbeitung des Businessplans bist, stellen wir dir dieses Mal ein Tool vor, mit dem du noch genauer auf die Wünsche deiner Kunden eingehen kannst. Wir präsentieren: den Value Proposition Canvas!
Genau wie beim Business Model Canvas kannst du deine Geschäftsidee anhand eines vorgegebenen Rasters auf einer „Leinwand“ entwickeln und in einer grafisch-visuellen Form darstellen. Mit dem Value Proposition Canvas erhältst du nun aber eine konsequente Weiterentwicklung diese Konzepts. Wie ist der VPC konkret mit dem Business Model Canvas verbunden? In diesem YouTube-Video wird das Konzept schön dargestellt:
- Der VPC liefert eine zusätzliche kundenzentrierte Komponente für den Business Model Canvas.
- Im Fokus liegt nun die Schöpfung von Wert und Nutzen für den Kunden.
- Du betrachtest deine Zielgruppe systematisch und kannst daher zielgerichtet auf Probleme und Bedürfnisse eingehen.
- Der Canvas kann auch zur Analyse von Zielgruppen verwendet werden.
Auf diese Weise kannst du Produkte und Dienstleistungen anbieten, die die Kunden auch tatsächlich wollen. Und du kannst die Frage klären: Was muss ich potenziellen Kunden anbieten, um für sie interessant zu werden?
Wie wende ich den Value Proposition Canvas an?
Lade dir den Value Proposition Canvas als PDF herunter und drucke ihn dir aus (im Format A0 arbeitet es sich am besten). Schreibe nicht direkt auf den Canvas, sonder nutze Post-Its, um deine Ideen flexibel abändern zu können. Und im allerbesten Fall hältst du auch deinen Business Model Canvas bereit.
Zur einfacheren Darstellung möchte ich wieder das Beispiel Twitter heranziehen. Es gilt die Grundregel: Für jeden Gedanken ein „Post-It“. Wir betrachten zwei große Themengebiete:
Kundenprofil
Werteversprechen
- Produkte und Dienstleistungen / Products & Services
- Schmerzkiller / Pain Relievers
- Nutzenstifter / Gain Creators
Kundenprofil / Customer Segment
1. Kundenaufgaben / Customer Job(s)
Zuallererst beschreibst du, wie die Aufgaben deiner Kunden aussehen könnten. Was versuchen deine Kunden zu erreichen? Welches Problem wollen deine Kunden lösen? Es können dies Aufgaben sein, die es zu erledigen gilt oder Bedürfnisse, die zu befriedigen sind.
Fragen, die du dir stellen solltest
- Welche funktionalen Jobs oder Aufgaben möchten deine Kunden erledigen? (ein Problem lösen)
- Welche sozialen „Jobs“ oder „Aufgaben“ möchten deine Kunden erledigen? (Macht, Status, Nachhaltigkeit)
- Welche Grundbedürfnisse / „emotionalen Jobs“ will der Kunde befriedigen? (Sicherheit, Wohlgefühl)
Was in diesem Feld stehen sollte
eine Liste an Jobs oder Aufgaben für bestimmte Kundensegmente. Sollte nach Priorität gereiht werden. Bedenke auch, dass deine Kunden gleichzeitig andere Rollen einnehmen können!
Gezeigt am Beispiel Twitter (Kundensegment User)
- funktionaler Job: Informationen teilen und einholen
- sozialer Job: Kommunikationsbedürftigkeit, Selbstdarstellung, anderen Mehrwert liefern
- emotionaler Job: informiert sein
2. Schmerz / Pains
Wenn du die Kundenaufgaben aufgelistet hast, beschreibst du hier unangenehme Situationen, die in Zusammenhang mit den Customer Jobs stehen – aus Sicht des Kunden! Das können negative Emotionen sein, unerwünschte Kosten oder Schwierigkeiten bei der Erledigung der Aufgaben.
Fragen, die du dir stellen solltest
- Was empfindet der Kunde als zu kostspielig? (kostet zu viel, dauert zu lange, ist zu aufwendig)
- Was sind die Hauptschwierigkeiten und -herausforderungen, denen dein Kunde begegnet?
- Wo bleiben bestehende Lösungen hinter den Erwartungen der User? (fehlende Funktionen,…)
- Was führt dazu, dass sich der Kunde schlecht fühlt? Welche Risiken fürchtet der Kunde? (verbunden mit sozialen und Grundbedürfnissen)
Was in diesem Feld stehen sollte
unangenehme Erlebnisse bei der Lösung von Kundenaufgaben. Bilde dabei eine Rangliste der Jobs nach der Bedeutung, die sie für deinen Kunden haben.
Gezeigt am Beispiel Twitter (Kundensegment User)
- klassische Nachrichtendienste sind zu langsam
- Kosten für eine Tageszeitung zu hoch
- auf Facebook geringe Reichweite von Meldungen (Freunde)
3. Nutzen / Gains
Welchen Gewinn erwarten sich die Kunden, welche Lösung eines Problems ersehnen sie sich? In diesem Feld gehst du auf die Erwartungen des Kunden in Zusammenhang mit den Kundenaufgaben ein.
Fragen, die du dir stellen solltest
- Wo möchte sich der Kunde etwas ersparen? (Zeit, Geld, Aufwand, Arbeit)
- Was kann die Lösung eines Kundenproblems erleichtern?
- Wonach suchen deine Kunden? Wovon träumen sie?
- Was liebt dein Kunde an bestehenden Lösungen?
Was in diesem Feld stehen sollte
eine Liste an Vorteilen oder Nutzen, die sich die Kunden erwarten, wenn sie eine Kundenaufgaben erfüllen möchten. Wieder nach Priorität gereiht.
Gezeigt am Beispiel Twitter (Kundensegment User)
- kompakte Meldungen in kürzester Zeit
- Inhalte mit Usern aus aller Welt teilen
- geringe Kommunikationskosten
- in Kontakt mit Menschen aus aller Welt treten
Werteversprechen / Value Proposition Map
4. Produkte und Dienstleistungen / Products & Services
Im vierten Schritt listest du all deine Produkte und Dienstleistungen auf, mit denen du dein Werteversprechen erfüllen möchtest. Mit welchen Produkten erfülle ich einen Kunden-Value?
Fragen, die du dir stellen solltest
- Welche Produkte oder Dienstleistungen biete ich an, die meinem Kunden helfen, Aufgaben zu erledigen?
- Welche Produkte oder Dienstleistungen biete ich an, die meinem Kunden helfen, Grundbedürfnisse zu befriedigen?
- Welche Produkte / DL helfen meinem Kunden in seiner Rolle als Käufer/Co-Creator/Vermittler?
Was in diesem Feld stehen sollte
eine Liste von Produkten und Dienstleistungen deines Startups. Bilde eine Rangfolge nach Bedeutung für den Kunden.
Gezeigt am Beispiel Twitter (Kundensegment User)
- Twitter-Website
- Twitter-App
- API, über die die Kunden Drittanwendungen nutzen können
5. Schmerzkiller / Pain Relievers
An dieser Stelle gehen deine „Schmerzkiller“ ans Werk: Auf welche Art und Weise lösen die eigenen Produkte und Dienstleistungen die Probleme deiner Kunden? Beschreibe, wie dein Angebot negative Situationen verhindert.
Fragen, die du dir stellen solltest
- Wie setze ich den Schwierigkeiten und Herausforderungen meiner Kunden ein Ende?
- Wie und womit liefere ich eine bessere Lösung als etablierte Anbieter?
- Wie vermeide ich negative Konsequenzen für meine Kunden?
Was in diesem Feld stehen sollte
eine Beschreibung von Lösungsansätzen, um unerwünschte Situationen bei Kunden zu vermeiden. Bezieht sich auf den „Schmerz“ (Pains) des Kunden.
Gezeigt am Beispiel Twitter (Kundensegment User)
- kein Bedarf, kostspielig Informationen zu besorgen und zu verteilen
- geringe Reichweite verhindern
6. Nutzenstifter / Gain Creators
Zuallerletzt beschreibst du im Feld „Nutzenstifter“, auf welche Art und Weise du dem Kunden nützlich bist. Wie schaffst du Nutzen, den der Kunde erwartet, sich wünscht oder über den er sich freuen würde, wenn er ihn per Zufall erhält.
Fragen, die du dir stellen solltest
- Wie erleichtere ich das Leben meines Kunden?
- Womit und wie erfülle ich Kundenbedürfnisse?
- Wie kann ich das bieten, was sich Kunden wünschen?
Was in diesem Feld stehen sollte
eine Beschreibung von Lösungsansätzen, um einen Mehrwert bei deinen Kunden zu erzeugen. Bezieht sich auf den Nutzen (Gains) des Kunden. Denke dabei an die drei Arten von Jobs: funktional, sozial, Grundbedürfnis.
Gezeigt am Beispiel Twitter (Kundensegment User)
- Informationen in Echtzeit
- einfacher Austausch von News
Et voilà – dein Value Proposition Canvas ist fertig! Somit hast du eine kompakte Kundenanalyse auf einem Bogen Papier untergebracht. Dieser Bogen wird dir später auch dabei behilflich sein, neue Produkte auf den Markt zu bringen.
Wie komme ich zu weiteren Infos und Materialien zum Value Proposition Canvas?
Mit diesen Materialien kannst du zur Tat schreiten:
- Der Value Proposition Canvas ist wie auch der Business Model Canvas als PDF verfügbar. Auf deutsch gibt’s den Canvas hier.
- Empfehlenswert, aber keine Kaufverpflichtung: Das Buch von Alexander Osterwalder und Yves Pigneur ist auf Amazon erhältlich. An dieser Stelle erhältst du eine Sneak Peak ins Buch.
- Eine großartige Anpassung des Modells von Osterwalder zeigt Peter J. Thomson. Er hat den VPC um Elemente aus dem Design Thinking und aus der Verhaltenspsychologie angereichert. Mit welchem der beiden Varianten du weiterarbeiten möchtest, liegt ganz bei dir.
Probier den Value Proposition Canvas einfach einmal an deinem Startup aus – du wirst sehen, es lohnt sich!
Bild: businessmodelgeneration.com, Business Model Foundry GmbH, peterjthomson.com, Alexander Osterwalder (Flickr)