Design Thinking für Startups: Innovativ mit Kundenfokus

von Werner Sammer

Man mag es nicht glauben: Gerade in der IT-Branche entwickeln viele Startups ein Produkt, das bis zum Release einen wichtigen Faktor außen vor lässt – den User. Einige Stücke Software meiden vor dem Start im App Store den Kontakt zu Kunden wie der Teufel das Weihwasser. Die übliche App: Von Nutzern nie getestet oder mit Feedback bedacht. Ein Produkt zu entwickeln, das wirkliche Kundenprobleme löst – das geht mit Design Thinking. So findet dieser Kreativprozess auch in eurem Startup Platz.

Wer schon ein wenig länger sich im Startup-Umfeld bewegt, hat bei der einen oder anderen Gelegenheit von Design Thinking gehört. Die Methode wurde entwickelt, um Innovationen hervorzubringen, die sich an den Bedürfnissen der Nutzer orientieren. Der Kunde nimmt eine tragende Rolle in der Gestaltung des Produktes ein.

Der Fokus des Design Thinkings liegt dabei auf der Sicht des Users und der interdisziplinären Zusammenarbeit unterschiedlicher Personen. Gerade deshalb wird dieser Ansatz sehr gerne mit dem Lean Startup-Prinzip verknüpft.

Das perfekte Zusammenspiel von Design Thinking und Lean Startup. © reinventioninc.com

Design Thinking ist ebenso ein wesentlicher Innovationslieferant. Bei der Entwicklung disruptiver Innovationen und Geschäftsmodelle greifen Unternehmen wie Google und BMW nur zu gerne auf diese Methode zurück.

 

Warum denn eigentlich Design Thinking?

Design Thinking kann für dein Startup ein Ansatz sein, schneller und besser Produkte zu launchen.

  • Du erhältst Einsicht in Kundenprobleme, die du vorher nicht kanntest.
  • Durch DT wird das Kundenproblem von einer anderen Seite beleuchtet.
  • Design Thinking treibt innovative Ideen an.
  • Du kannst deine Kunden aktiv einbinden.
  • Du schaffst Produkte oder Dienstleistungen, die Kunden wirklich wollen.

 

 

Der Prozess des Design Thinkings

Das DT-Modell dient wie auch bei anderen Modellen hauptsächlich der besseren Orientierung und Strukturierung von kreativen Prozessen. Deshalb müssen die Schritte des Prozesses (die es übrigens in unzähligen Varianten gibt) auch nicht zwangsläufig nacheinander ablaufen. Spannend wird es, wenn du zwischen verschiedenen Phasen hin- und herswitcht.

 

Schritt #1: Verstehen

Der Design Thinking-Prozess beginnt mit der Frage: Was ist denn das ursächliche Problem und welche Menschen betrifft es eigentlich? Hier geht es darum, das Problem der Zielgruppe zu verstehen und zu definieren. Wie sind die Kunden bisher an die Lösung „ihres“ Problems herangegangen? Intensive Recherche prägt diese Phase: Statistiken auswerten, Experten befragen, Studien lesen – sofern es zu diesem Thema bereits etwas gibt.

Schritt #2: Beobachten

Wollt ihr Produkte anbieten, die eure Kunden begeistern, dann müsst ihr mit ihnen reden. Oder sie beobachten. Denn Design Thinking bedeutet, seine potenziellen Kunden zu verstehen. Die wahren Bedürfnisse der Kunden findet ihr nicht im Büro, sondern nur in engem Austausch mit den wirklichen Nutzern. Das ist umso wichtiger, je weniger über den Zielmarkt und seine Kunden bekannt ist.

Also: geht nach draußen und beoachtet! Oder holt euch eure potenziellen Kunden zu euch. Sprecht mit ihnen. Findet heraus, welche Kundenbedürfnisse sie haben. So sammelt ihr wichtige Einsichten für die Produktentwicklung. Lasst euch zum Beispiel vom Nutzer zeigen, wie sie bisher bei der Problemlösung vorgegangen sind.

Schritt #3: Standpunkt definieren – Problemstellung formulieren

Die gesammelten Eindrücke und Perspektiven werden nun zusammengeworfen und verdichtet. Je durchmischter euer Startup-Team bei diesem Schritt ist, desto besser. Die Teammitglieder erzählen von ihren Erkenntnissen und Erfahrungen und schaffen ein gemeinsamen Gesamtbild – eine Persona. Das kann dann auch gerne visualisiert werden. Beispiel: User verwenden eure Lauf-App nicht, um gesund zu bleiben, sondern um mit Freunden Challenges zu unternehmen. Diese Erkenntnis formuliert ihr und haltet sie fest.

Das Stufenmodell des Design Thinkings © inknowaction.com

Schritt #4: Ideengenerierung – Ideen finden

Hier geht’s darum, möglichst viele Ideen und Perspektiven zu sammeln. Brainstorming pur: keine Kritik, alle Ideen sind erlaubt! Nutzt unterschiedliche Kreativitätstechniken. Ein interdisziplinäres Team ist dabei hilfreich: es werden unterschiedlichste Ideen eingeworfen, die der Persona bei der Lösung ihres Problems helfen und sie zufrieden machen.

Die entstandenen Ideenvorschläge strukturiert ihr und fast ihr zusammen. Die vielversprechendsten Ideen bezüglich Attraktivität, Umsetzbarkeit und Wirtschaftlichkeit werden dann ausgewählt.

Schritt #5: Prototypen entwickeln

Im Team entscheidet ihr euch für eine oder mehrere Ideen. Und dann könnt ihr an die Arbeit gehen: Baut euren eigenen Prototypen! Wichtig ist: es zählt nicht die Perfektion, sondern die Geschwindigkeit. Daher kann es entweder ein funktionaler Prototyp sein (dauert länger) oder eben nur ein Low Fidelity-Prototyp. Die Idee soll anschaulich sein und „testbar“ werden.

Schritt #6: Testen & Verfeinerung durch Iteration

Die ersten Prototypen werden dann gleich an potenziellen Kunden, also der Zielgruppe, getestet. Macht aber keine Vorgaben: Lasst eure User selbst ausprobieren und sammelt dadurch euer Feedback. Sind diese mit dem Produkt nicht zufrieden? Geht in die Iteration und testet von neuem. Prototypen können schnell verworfen werden – und so manch eine Idee auch ganz zu Fall bringen.

Auf Basis der neuen Einsichten könnt ihr euer Konzept weiter verbessern und neue Prototypen erstellen, bis möglichst viele Kunden vom Produkt überzeugt sind. Es müssen aber nicht alle Nutzer davon überzeugt werden – geht ja auch gar nicht. Das Feedback soll schließlich Ansatzpunkt für Verbesserungen und Alternativen sein.

 

Noch nicht ganz klar, worum es bei Design Thinking geht? Dieses YouTube-Video erklärt es nochmals in aller Kürze:

 

Design Thinking steigert die Kundenzufriedenheit

Design Thinking garantiert nicht den absoluten Innovationserfolg. Jedoch steigt damit die Wahrscheinlichkeit, Kunden zufrieden zu stellen und ihnen ein exzellentes Produkt zu liefern, erheblich. Jedoch besonders wichtig in diesem Zusammenhang: Stop Over-Engineering! Design Thinking ist für dein Startup nur sinnvoll, wenn du die Prozesse so kompakt und schnell wie möglich halten kannst.

Zum Abschluss noch eines: Ein wirklich spannender Artikel, warum sich Design Thinking für Startups auszahlt, ist jener von First Round Capital. Design Thinking war hier der frühe Wendepunkt auf dem Erfolgstrip von Airbnb. Wie aus einem fast gescheiterten Startup ein Milliarden-Business wurde, könnt ihr in diesem Artikel nachlesen.