Keine Angst vor dem Finanzplan – für Gründer und Startups

von Werner Sammer

Wenn es nur eine Sache gibt, die die meisten Startups vor Herausforderungen stellt, dann ist das der Finanzplan. Es nimmt teils arge Züge an, wie viele Gründerinnen und Gründer dieses Thema lieber großräumig umschiffen würden. Aber warum eigentlich die Panik? Mit einem guten Finanzplan kannst du nur gewinnen – mehr dazu im Blogbeitrag.

Der Finanzplan schreibt sich auch bei einem gemütlichen Kaffee.

Ruft die lästige Pflicht? Vielleicht. Aber Finanzplanung ist für dich überlebenswichtig.

Die Wurzel des Bösen die Angst vor dem Zahlendschungel – es liegt wohl daran, dass das Erstellen eines durchdachten Finanzplans durchaus einiges an Zeit in Anspruch nimmt. Kein Wunder, dass sehr viele Gründerinnen und Gründer alles lieber machen als zu kalkulieren. Geschweige denn sich stundenlang mit Planumsatzzahlen und fiktiven Kosten zu beschäftigen.

Viele – vielleicht auch du? – empfinden die rechnerische Detailarbeit als lästige Pflicht (vor allem die langfristige Planung), wenn sie finanziell doch auch so gut über die Runden kommen. Als Argumente, um dem Planen zu entgehen, führen Gründer gerne an:

  • Das ist doch unnötiger Aufwand!
  • Die Daten im Finanzplan sind ohnehin aus der Luft gegriffen und reine Zahlenschieberei!
  • Auf längere Planungen kann man sich ohnehin nicht verlassen…

Argumente, die Kleinigkeiten sind zu den vielen Vorteilen, die die längerfristige Planung bringt. Bist du von externen Geldgebern abhängig (Bank, Investor,…), ist ein Finanzplan sowieso ein Must Have.

Umsatz generieren – wenn es doch nur so einfach ginge…

 

Der Finanzplan – ein Blick in die Kristallkugel

Man kann es ruhig so sagen: Der Finanzplan ist das Herzstück deines Geschäftskonzepts. Wer nicht im Fokus hat, wo und wie seine Gelder fließen, der wird früher oder später ordentlich ins Straucheln kommen. Und der Finanzplan bringt noch andere Vorteile, wie Fabian Westerheide bei bootstrapping.me schön aufzeigt:

„Intern verwende ich die Finanzplanung vielfach: als Reporting für Investoren, für interne Leistungsmessung, für die Finanzierungsstrategie, die Rentabilität, die Personal- und Marketingplanung. Im Finanzplan kommt alles zusammen: Marketing, Produkt, Personal, Strategie.“

Aus einer soliden Finanzplanung kannst du also die Wirtschaftlichkeit deines Vorhabens überprüfen: Kann ich bei Gründung des Unternehmens wirtschaftlich und rentabel arbeiten? Ist die Idee wirtschaftlich tragfähig? Oder muss ich zuerst an den Schrauben meines Geschäftsmodells drehen? Solltest du bereits hier feststellen, dass dein Startup nicht rentabel sein kann, dann heißt es: überarbeiten, überarbeiten, überarbeiten!

© MPM Financial Group

Dass du deinen Kapitalbedarf erheben kannst und deine laufende Zahlungsfähigkeit im Überblick hast, sind noch weitere Aspekte, die absolut für gründliche Planung sprechen. Vor allem muss man für die Finanzplanung nicht zwangsläufig ein Betriebswirt sein, wenn man Finanzplanvorlagen verwendet. Wichtig ist, dass dieses Dokument dir sagt:

  1. wie viel Geld auf dem Konto liegt
  2. wann man ins Minus rutscht
  3. wann man spätestens auf Investorensuche gehen sollte.

 

Denn so einige Ideen sind daran gescheitert, dass ihnen irgendwann schlicht und einfach das Geld ausging. Grobe Finanzierungslücken der laufenden Kosten und ein schwacher Umsatzverlauf tragen ihren Anteil dazu bei. Reicht die Liquidität für nicht länger als 3 Monate, so stehen schwierige Zeiten an. Besser gar nicht so weit kommen lassen!

 

Was beinhaltet ein Finanzplan?

Wir wollen an dieser Stelle nicht zu sehr ins Detail gehen (dafür gibt’s andere gute Quellen). Diese Punkte solltest du in deinem Finanzplan jedoch anschneiden:

 

Kapitalbedarfsplan

Welche Ausgaben fallen direkt bei oder vor der Gründung an? Der Kapitalbedarfsplan gibt eine Übersicht der Gründungskosten, über laufende Kosten und (zum Teil) auch über private Kosten. Das können sein:

  • Administrative Kosten (Gebühren, Anmeldungen, Beratung, Notarkosten…)
  • Büro & Geschäftsausstattung 
  • Kosten für die Immobilie/Büro/Coworking-Platz
  • Marketingkosten (Homepage & Design, …)
  • Produktspezifische Kosten (Produktentwicklung und Design, Materialkosten etc.)

An dieser Stelle planst du realistisch, wie viel du in Büroausstattung und andere Dinge investieren musst, um dein Startup in die Gänge zu bekommen. Natürlich investierst du einiges an Geld in dein Vorhaben. Computer, Maschinen und dergleichen können volle Taschen recht rasch leeren. Deswegen lohnt es sich, diese Investitionen nicht nur grob zu schätzen, sondern ausführlich zu recherchieren. Damit kannst du dann eine ausführliche Liste der Investitionen für deinen Finanzplan zusammenstellen.

Diese Zusammenstellung ist in den allermeisten Fällen nicht durch Erspartes finanzierbar. Deswegen hältst du im Finanzplan schriftlich fest, aus welchen Quellen du jenes Geld bekommst, das du für diese Erstinvestitionen benötigst. Das ist in der Folge die Grundlage für Verhandlungen bei Geldgebern. Wie du in Österreich zu Startup-Finanzierung kommst, haben wir hier bereits einmal ausführlich erklärt.

 

Die Liquiditätsplanung

Liquide zu sein bedeutet, geldtechnisch flüssig zu sein. Das heißt, dass du fällige regelmäßige Zahlungen jederzeit aus deinen bestehenden Mitteln leisten kannst. Die Gefahr, zahlungsunfähig zu werden, ist gering.

So viel muss klar sein: Die laufenden Einnahmen deines Startups müssen mittelfristig die laufenden Ausgaben decken. Denn gerade am Anfang gibst du jedenfalls mehr Geld aus als du einnimmst. Auch private Ausgaben musst du gegebenenfalls berücksichtigen. Die Liquidität deines Startups ist regelmäßig zu überprüfen – bist du hier nachlässig, kann es für den Weiterbestand deines Unternehmens schon zu spät sein.

Überprüfe genau, wann geplante Umsätze einlangen und wann größere Zahlungsbrocken anfallen. Denn: Klarerweise hast du laufende Auszahlungen wie Personal, Marketing, Vertrieb oder die Produktion. Das ergibt einen Liquiditätsbedarf, der durch entsprechende Einzahlungen gedeckt werden muss. Bedenke, dass nicht alle geplanten Einzahlungen wie gewünscht eingehen (durch Verzögerung oder Zahlungsausfall). Rechne in der Liquitätsplanung daher stets einen Puffer von etwa 25% ein, der durch Einzahlungen gedeckt werden muss. Wenn du ohnehin konservativ (als eher pessimistisch) rechnest, bleibt dieser Schritt aus. Tipp: Eine gute Eigenkapitalbasis macht dich unabhängiger von Umsatzschwankungen.

 

Gewinn-und-Verlustrechnung (Plan)

Was in der Liquiditätsplanung nicht abgebildet wird (dieser zeigt ja nur die Entwicklung des Kontostandes), gehört in die GuV. Die Gewinn-und-Verlustrechnung inkludiert eine intensive Beschäftigung mit allen Plankosten und -umsätzen in der Zukunft.

  • Umsatzplanung: Versuche dabei so realistisch wie möglich zu schätzen, wie viel Umsatz du in den ersten drei Jahren Monat für Monat erzielen wirst. Wie vielen Kunden pro Tag oder pro Monat planst du? Wie viele Stück deines Produkts wirst du verkaufen?
  • Kostenplanung: Dazu parallel betrachtest du in der Kostenplanung alle Kosten Monat für Monat. Von Personalkosten über Mieten bis hin zu Ausgaben die Putzkraft sollte hier alles inkludiert sein.

 

 

Rentabilitätsplanung

Die Rentabilitätsplanung fasst die Ergebnisse der Planung zusammen. Ist das Vorhaben eigentlich wirtschaftlich lohnenswert? Der Umsatz deines Startups muss mindestens so hoch sein, dass alle betrieblichen Kosten (auch Investitionen!) gedeckt sind. Darüber hinaus willst du natürlich deinen kalkulierten Gewinn erzielen. Das Betriebsergebnis, also die Umsätze abzüglich des Materialeinsatzes, der Betriebskosten und der Steuern, sollte eindeutig positiv sein.

 

Eine Executive Summary

Neudeutsch, aber unverzichtbar: die Executive Summary. Hier hältst du deine ersten Grundannahmen schriftlich fest. Auf welche Inputgrößen soll im Plan besonders geachtet werden? Wo liegen die Finanzierungserfordernisse? Auf dieser Seite hast du den Überblick über die wesentlichsten Zahlen im Finanzplan.

Wenn man von Plan spricht, muss man auch von Planungsdauer sprechen. Manche Institionen (wie bspw. Banken) verlangen oftmals längere Planungsdauern von bis zu fünf Jahren, um die Unternehmensentwicklung langfristig darzustellen. Für Startups (bin ich der Meinung) muss ein Finanzplan auf drei Jahre vorgeplant ausreichen. Es ist natürlich schwer, drei Jahre in die Zukunft zu blicken. Auch werden deine Annahmen nicht zu 100 Prozent zutreffen. Für dich und deine (potenziellen) Kapitalgeber schaffst du damit jedoch einen Überblick über die mögliche Entwicklung deines Startups.

 

So viel wie nötig, so wenig wie möglich

Grundregel: Weniger ist mehr. Konzentriere dich auf einen kurzen, drei- bis fünfseitigen Finanzplan mit einer Prognose für die nächsten drei Jahre. Stelle deinen Finanzplan so zusammen, dass du

  1. einerseits immer den Überblick behältst,
  2. du realistische und plausible Annahmen für die Zukunft triffst und
  3. andererseits dich auf jene Infos konzentrierst, die du tatsächlich benötigst.

 

Das ist gar nicht so unwichtig, wie es klingt. Denn vor lauter Planung beginnen viele Startups viel zu spät, ihre Märkte anhand der Marktanalyse zu testen. Wie groß und umfangreich die Finanzplanung ist, bestimmt schlussendlich die Größe des Start. Lieber kurz, kompakt und korrekt als überbordend und voller Fehler. Sinnvolle Tipps, die du noch beachten solltest:

  1. Nicht mit Durchschnittswerten rechnen, sondern jedes Monat einzeln berechnen. Dadurch bekommst du bessere Schätzungen.
  2. Variable Kosten, die durch höheren Umsatz und Absatz entstehen, unbedingt berücksichtigen!
  3. Verknüpfe deine Umsatzberechnungen mit sinnvollen Kennzahlen. Brauchbare KPI gibt’s hier.

 

An die Arbeit! Finanzplanvorlagen zum Download

Stellt sich bei dir ein Gefühl der Überforderung ein? Dein Finanzplan kann auch von einem Experten erstellt werden. Oder du verlasst dich auf die Hilfe von Software-Tools. Vorteil: Hier sind viele Punkte, die du berücksichtigen musst, bereits vorgefertigt und nur mehr auf dein Startup anzupassen.

Die schnellste (und vermutlich beste Lösung) ist die Verwendung von Excel-Vorlagen. Deutsche-Startups.de hat da einige gute zusammengeführt. Wobei der Autor des Artikels gleich anführt: „Keine der Excel-Vorlagen ist perfekt und man wünscht sich als Gründer oder Start-up Unternehmen eine Kombiversion, die alle guten Features beinhaltet aber gleichzeitig noch leicht zu bedienen und zu verändern ist.“. Zumindest kann man sich einmal daran orientieren.

So könnte die Auswertung des Finanzplans aussehen © Für-Gründer.de

Wer lieber auf Software-Tools zum Installieren steht, könnte sich Plan4You Easy des Gründerservices der WKO auf den Rechner laden. Mit diesem Tool kannst du gleichzeitig Planrechnung durchführen und einen Businessplan schreiben. Sicher auch nicht übel.

Hast du tolle Tools, mit denen du deine Finanzplanung erledigst? Schreibe mir einfach an werner.sammer@ut11.net und ich werde dein Helferlein hier anführen.