Der Weg zum eigenen Startup ist nie risikolos. Selbst mit aufwendiger Planung nicht. Doch wie kann ich mir sicher sein, dass mein Geschäftsmodell aufgeht? Wie vermeide ich, dass ich Zeit und Geld mit unnötigen Tätigkeiten verschwende? Und wie weiß ich, dass meine getroffenen Annahmen auch richtig sind? Wir verzichten heute auf die Erstellung eines Businessplans – und basteln unser Geschäftsmodell nach Art Lean Startup!
Früher war alles einfacher. Sagt man zumindest. Da hatte man eine Geschäftsidee. Man legte sich einen Plan und ein Konzept zurecht. Machte alles Schritt für Schritt. Planung, Umsetzung, Erfolg. Man bot etwas an und die Kunden kamen von selbst. Zu fragen, was die Kunden haben möchten? Kein Thema! So einfach war das. Oder so ähnlich.
Heute ist das anders. Startups agieren in einem Umfeld großer Unsicherheit. Zu viele Fragen sind in der Vorgründungsphase offen:
- Besteht überhaupt Bedarf nach dem angebotenen Produkt? Sind die potenziellen Kunden dafür bereit zu zahlen?
- Existiert der angenommene (geplante) Markt überhaupt in dieser Form? Kann er die geplante Größe erreichen?
- Funktioniert das angestrebte Geschäftsmodell?
- Lässt sich das Produkt technisch umsetzen?
Das „Wir-produzieren-und-ihr-kauft“ geht daher heutzutage mit ziemlicher Sicherheit in die Hose. Zeitgleich verliert man viel Zeit damit, zu planen statt tatsächlich anzupacken. Wie man das zu verhindern weiß? Mit Lean Startup.
Lean Startup ist jetzt nicht unbedingt etwas Neues. Immerhin schwirrt der Begriff schon seit 2008 in Startup-Kreisen umher. Und dennoch kann man hierzulande bei weitem nicht davon reden, dass Lean Startup landläufig bekannt ist. Zumindest setzt sich das Prinzip immer stärker in Österreich durch und hat mit Dropbox ein international namhaftes und erfolgreiches Beispiel geschaffen.
Kept short and simple: Lean Startup macht das Gründen von Startups effizienter. Keine lange Vorplanung. Umsetzung ist gefragt! Alle Tätigkeiten drehen sich um die schnellstmögliche Generierung von Wert für den Kunden. Dafür ist es notwendig, Kunden in die Entwicklung direkt mit einzubeziehen und von ihnen zu lernen.
Die Lean Startup-Methode berücksichtigt, dass junge technologieorientierte Startups eben anders funktionieren als große Unternehmen. Rasante Entwicklung und rasches Wachstum sind kennzeichnend. Lean Startup hilft daher dabei, mit möglichst wenig Kapital und zeitlichen Ressourcen ein erfolgreiches Unternehmen zu starten. Nicht lange Konzept schreiben – so schnell wie möglich einen Prototypen auf den Markt bringen ist das Ziel.
Das Lean Startup-Prinzip ermöglicht also agile Produktentwicklung. Aber was bedeutet das?
Build. Measure. Learn. Nutzerzentriert.
Im Mittelpunkt der Methodik steht der Feedback-Zyklus: Build-Measure-Learn. Also Machen, Messen und Lernen. Die Produktentwicklung befindet sich damit in einem permanenten Evaluationsprozess. Das dahinter stehende Motto: Baue nichts, was niemand braucht!
- Build
Der Erstellungsprozess des Produktes ist ein großes Experiment. Es besteht Unsicherheit darüber, ob das Produkt überhaupt benötigt wird. Deshalb wird auch dieser Zyklus durchlaufen. Ausgehend von Vorannahmen und Hypothesen baust du etwas, mit dem dann später gemessen wird. Du erstellst ein erstes MVP (Minimum Viable Product). Zum Beispiel eine erste Produktversion, einen Prototypen oder eine Landingpage. - Measure
Funktioniert das Konzept? Welche messbare Wirkung erzielt diese erste Version bei deinen (potenziellen) Kunden? Die Messung zeigt jetzt, ob die Vorannahmen und Hypothesen richtig oder falsch waren. Das siehst du am besten an (echten) Nutzern, die das Produkt verwenden und schlussendlich auch kaufen. - Learn
Anhand des Kundenfeedbacks kannst du nun schnell auf Wünsche oder Änderungen reagieren. Der Produktzyklus bleibt so kurz wie möglich. Des Pudels Kern ist es, die anfängliche Unsicherheit durch Lernen zu beseitigen. Zugleich lernst du über das Verhalten deiner echten Nutzer.
Heißt im Klartext: Du überprüfst deine Hypothesen für dein Startup und misst danach die Resultate. Aus den Daten, die du durch deine Nutzer sammelst, lernst du und ziehst deine Schlüsse für die (mögliche) nächste Iteration. Der Zyklus läuft also theoretisch unendlich und endet nie.
Die ultimative Aufgabe eines Startups nach dem Lean-Prinzip ist es also, Ideen in Produkte zu verwandeln, zu schauen, wie Kunden darauf reagieren und darauf zu reagieren – anpassen oder beibehalten. Perfekt ist der Zyklus, wenn er der Validierung des eigenen Geschäftsmodells dient. Je schneller das geht, umso schneller ist dann auch die Produktentwicklung. Und möglicherweise schafft das den entscheidenden Vorsprung im bisher noch nicht eröffneten Markt.
Das kleinstmögliche Produkt wird realisiert! (MVP)
Das wichtigste Ziel bei der Entwicklung neuer Produkte durch die Lean Startup-Methode ist so schnell wie möglich herauszufinden, welches Produkt man wirklich anbieten soll. Dazu ist es notwendig, jene Funktionen auszuklammern, die nicht unmittelbar dem Kundennutzen dienen oder eine Lernerkenntnis bringen. Kein vollständig ausgestattetes fertiges Produkt, sondern das „kleinste mögliche Produkt“ – das MVP (Minimum Viable Product). Die relevanten Fragen der Lean Startup-Methode lauten:
- Was ist die kleinstmögliche Umsetzung?
- Und was brauche ich, um mit kleinstmöglichstem Aufwand viel zu lernen?
In der Praxis ist das die Version 1.0 deines Produktes: Minimale Funktionen, aber diese gut gemacht. Oder ein erster Prototyp, der gerade die notwendigsten Funktionen perfekt umsetzt. Das Produkt erfüllt also vorerst einmal die notwendigsten Bedürfnisse deiner Kunden. Mit diesem MVP kannst du sehr gut antesten, ob für dein Produkt ein Markt besteht. Das spart bei der Produktentwicklung Zeit, Geld und Ressourcen. Zudem hast du damit die Möglichkeit, Kursänderungen vorzunehmen.
Keine Angst vor dem Pivot
Was Lean Startup garantiert, ist Flexibilität. Denn das ist allzu oft nötig: Gerade wenn man erkennt, dass das, was man produziert, gar nicht das ist, was sich die Kunden wünschen, dann kann man nicht auf eingefahrenen Businessplänen beharren. Also arbeite nur an etwas, das dich wirklich weiterbringt.
Dann ist manches Mal der Pivot notwendig. Die 180°Grad-Wende. Für seine Kunden muss man auch bereit sein, seine Geschäftsidee komplett zu überdenken. Denn erst dann macht man auch das, was der Kunde haben möchte. Weil man etwas in einem Businessplan niedergeschrieben hat, muss es noch lange nicht stimmen. Aber darüber haben wir ja zuletzt schon gesprochen.
Flexibel sein mit dem Lean Canvas
Am leichtesten lässt sich das Lean Startup-Konzept mit dem Lean Canvas erarbeiten. Der Lean Canvas ist eine Variation des Business Model Canvas. Judith Andresen hat in ihrem Blog den Lean Canvas sehr anschaulich erklärt.
Wie im vergangenen Blogartikel erwähnt, steht bei der Entwicklung der Geschäftsidee nicht die Form im Vordergrund. Wesentlich wichtiger ist es, die zentralen Annahmen im Geschäftsmodell schriftlich festzuhalten. Am besten vielleicht in einem Format, mit dem man es mit möglichst vielen Leuten teilen kann. Den Lean Canvas gibt’s übrigens auch in deutscher Fassung zum Download: Lean-Canvas-Deutsch-V1.pdf
Weiteres zu Lean Startup
Lean Startup ist vor allem mit zwei Namen tief verbunden: Steve Blank und Bestseller-Autor von „The Lean Startup“ Eric Ries. Die folgende Slides geben einen schönen Einblick in die Methodik.
Wenn du die Methodik gerne üben möchtest, kannst du einen Blick auf die Website der Lean Startup Machine werfen. Bei diesem intensiven 3-Tages-Workshop in Graz arbeiten Entrepreneure an disruptiven Produkten und Dienstleistungen. Gleichzeitg lernt man dort Lean Startup-Prinzipien kennen und kann sie auch gleich in der Entwicklung von Prototypen in die Tat umsetzen. Interessant!
Das Prinzip von Lean Startup hilft dir dabei, schnell Prototypen zu entwickeln. Mehr dazu hörst du aber noch beim nächsten Mal im Artikel zu Rapid Prototyping. Bis dahin!
Bilder: Rebeca Zuniga (Own Work, Not Changed) [CC BY 2.0 via Flickr CC], Matthias Ripp (Own Work, Not Changed) [CC BY 2.0 via Flickr CC].