Warum Preisgestaltung für Startups kein Klacks ist

von Werner Sammer

Der Preis ist heiß! Eine der härtesten Entscheidungen für dein Startup ist es, den monetären Wert für dein Produkt festzulegen – denn dieser ist mehr als nur eine Zahl. Der Preis hat Einfluss auf das Markenimage und die Finanzierung deines Unternehmens. Mit dem Preis steuerst du deinen Umsatz und Absatz, machst dein Produkt für die Zielgruppe attraktiv und sorgst dafür, dass genügend Geld für dein Startup in der Tasche bleibt. Was steckt hinter der Preisgestaltung? Wir schauen genauer hin.

Don't forget about the price tag!

Don’t forget about the price tag!

In unserem vergangenen Blogpost haben wir uns Gedanken darüber gemacht, wie dein Markt aussieht und wer deine Zielgruppe ist. Dies erleichtert dir die Suche nach dem richtigen Preis schon ein wenig. Doch die Festlegung des idealen Preises ist wahrlich kein Kinderspiel.

 

Warum ist der Preis so bedeutsam?

Wir wissen seit letztem Mal auch, wer aufgrund seines Einkommens in die Zielgruppe passt – wir wissen die Kaufkraft der Zielgruppe. Was wir bisher noch nicht beachtet haben, sind jene Leute aus der Zielgruppe, die sich zwar theoretisch dein Produkt leisten könnten, jedoch nicht wollen. Wie sieht es also mit der Kaufbereitschaft der Zielgruppe aus? Hier spielt neben der Marktanalyse die richtige Preisgestaltung eine gewichtige Rolle. Am Ende des Tages muss nämlich Geld in die Kassa fließen.

  • Der Preis ist bei der Umsatzhöhe mitbestimmend und ist somit die Lebensader deines Startups.
  • Die richtige Preispolitik zu finden erhöht die Erfolgschancen deines Startups drastisch.
  • Es ist also notwendig, herauszufinden, wieviel für das Produkt verlangt werden kann, um Kunden anzulocken.

 

Beim Artikel zum Markt haben wir Schätzungen zum Marktvolumen abgegeben, indem wir uns an der Konkurrenz orientiert haben. Damit hast du einen ersten Eindruck gewonnen, ob für dein Produkt ein attraktiver Markt besteht. Dabei ist nicht entscheidend, dass dein Zielmarkt groß ist. Auch in einem kleinen Markt kann sich großer Erfolg einstellen, wenn mit passenden Preisen eine gute Gewinnmarge erzielt wird.

Nun stellt sich die Frage, ob dein Produkt mit diesen Schätzungen von Preis und Marktvolumen auch wirtschaftlich tragfähig ist. Dafür sind einige weitere Gedankengänge notwendig.

 

Die Preisgestaltung zwischen zwei Polen

Bei der Preisgestaltung stehst du als Startup-Gründer immer in der Abwägung zwischen zwei Polen:

  • Du lockst möglichst viele Kunden an. Du sorgst also dafür, dass der Preis nicht zu hoch angesetzt ist.
  • Du generierst einen möglichst hohen Gewinn pro verkauftem Produkt. Du sorgst also dafür, dass der Preis hoch ist, um viel zu verdienen.

 

 

Irgendwo dazwischen liegt also der Kompromiss in der Preisgestaltung. Das aber ist nicht das einzige Problem:

  1. Dein Preis ist genauso abhängig von der Konkurrenzsituation am Markt. Welche Preise sind generell im Markt möglich? Stelle Vergleiche mit konkurrierenden Produkten an und frage dich: Wie viel bleibt nach Abzug der Herstellungskosten für dich übrig?
  2. Nach einer kurzen Anlaufphase muss der Preis die Kosten des Produktes einspielen. Kannst du dein Produkt nicht kostendeckend vermarkten, scheiterst dein Startup schneller als dir lieb ist. Wenn klar ist, dass sich die Kosten in der bestehenden Form nicht decken lassen, musst du am Geschäftsmodell feilen.
  3. Für dein Produkt solltest du das Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge behalten. Manche Kunden sind durchaus bereit, mehr für deine Waren auf den Tisch zu legen. Dafür muss das Produkt aber erst einen relevanten Nutzen für den Verwender bieten.
  4. Abschließend solltest du mit deinen Preisen in einem Nischenmarkt deine Kunden nicht ausbeuten. Faire und vielleicht sogar transparente Preise kommen bei Kunden wesentlich besser an.

 

Unter der Abwägung aller dieser Punkte kannst du den optimalen Preis für deine Waren festlegen. Also: einerseits kompetitiv genug, um viele Kunden aus der Zielgruppe anzusprechen. Andererseits mit einer hohen Marge, damit du dein Produkt nicht unter Wert verkaufst.

Gemeinsam mit der Höhe des Preises solltest du die Frage beantworten können: In welcher Art und Weise nehme ich Geld ein? Dazu schauen wir uns ein paar Pricing-Modelle genauer an.

 

Die besten Pricing-Modelle für Startups

Für die geeignete Preisgestaltung habe ich mir Tipps aus dem Handbuch für Startups von Bob Dorf und Steve Blank entnommen. Ein toller Lesestoff für Startups!

 

Das Produkt ist gratis – das Geld kommt durch Werbung!

Die meisten Internet-Startups pflegen diese Form des Pricings. Das Produkt selbst ist kostenlos – der Verdienst entsteht durch geschaltete Werbung auf der Website oder in der App. Für Kunden ist dieses Modell recht angenehm. Für Startups gibt es meist profitablere Modelle.

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Schneller Klick, schnelles Geld – Mobile Ads. © Jeff Wilcox, Flickr

 

Das Produkt ist gratis – das Geld kommt durch Services!

Bei diesem Modell ist das Produkt selbst kostenlos. Das Startup verdient Geld, indem es dem Kunden Services wie Installation oder Individualisierung anbietet. Das kann auch mit einem Abonnement verbunden sein.

 

Das Freemium-Modell

Freemium in aller Munde: die Basis-Leistungen des Produktes sind gratis, sogenannte Premium-Services hingegen nur über eine Gebühr erhältlich. Auch hier ist eine größere kritische Masse notwendig. Zudem muss das Premium-Feature einen tatsächlichen Mehrwert für den Kunden darstellen. Der Umstieg von einem Free-for-all-Modell auf ein Geschäftsmodell muss mit einer Aufwertung des Angebots erfolgen. Ansonsten ist niemand bereit, für ein kostenloses Produkt etwas zu bezahlen.

dropbox

Gratis Basis-Paket, Premium-Inhalte per Cash. © dropbox.com

 

Das kostenbasierte Modell

Ein traditionelles Pricing-Modell. In der Regel wird ein Vielfaches der Produktionskosten als Preis angesetzt. Bei physischen Produkten üblich, um maximalen Umsatz zu erzielen.

 

Das wertbasierte Modell

Verlange für das Produkt einen Preis, der den Wert des Produkts widerspiegelt. Gut geeignet bei Produkten, die schwer vergleichbar, einzigartig und eventuell auch patentiert sind. Weniger geeignet bei „nice to have“-Produkten.

 

Staffelpreise für wachsende Userzahlen

Bei bestimmten B2B-Produkten, bei denen es einen, hunderte oder tausende User im Unternehmen geben kann, ist der gewöhnliche Zugang jener: die Preise werden nach User-Anzahl oder Nutzungsmenge gestaffelt. Idealerweise richtest du wenige, aber sinnvolle Staffelungen ein. Für B2C-Produkte ist dieser Ansatz eher weniger geeignet.

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Gestaffelte Preise nach Teamgröße © blossom.io

 

Das Preiskampf-Modell

In hart umkämpften Märkten muss der Preis konkurrenzfähig bleiben. Das Produkt wird in einer Konkurrenzsituation gegen andere positioniert. Ein eher schlechtes Feld, um sich als Startup zu positionieren…

 

Das Rasierer-Rasierklingen-Modell

Teile des Produktes sind kostenlos oder sehr günstig. Im Mittelpunkt stehen die Folgeverkäufe, die sehr profitabel sind. Wie eben ein Rasierer (wird einmal gekauft) mit vielen Rasierklingen (die regelmäßig gekauft werden müssen und recht teuer sind).

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Billige Rasierer, teure Klingen. © darranl, Flickr

 

Anhand dieser Modelle kannst du dir schon ein klareres Bild davon machen, wieviel du für dein Produkt verlangen kannst.

 

Wie berechne ich jetzt den richtigen Preis?

Zur perfekten Preiskalkulation von Kosten solltest du dir das Preiskalkulations-Tool von fuer-gruender.de genauer ansehen. Mit Hilfe des Preiskalkulations-Tools kannst du die Selbstkosten, den Mindestverkaufspreis und den Barverkaufspreis für dein (physisches) Produkt berechnen. Die Kosten des Produkts, die Gewinnmarge und die Umsatzsteuer werden dabei auf die geplante Absatzmenge umgerechnet. Du kannst die zu produzierende Menge und den Gewinnsatz selbst bestimmen.

Kalkulationshilfe für dein Produkt © fuer-gruender.de

 

Wenn du dein Pricing nicht anhand deiner Kosten machen möchtest, lege ich dir die Tools aus der Marktrecherche nochmals nahe. Zu empfehlen ist auch, verschiedene Online-Stores zu durchforsten, um eine Preisbasis für dein Produkt zu finden. Erstelle dir eine Matrix, in der du das Angebot der Wettbewerber nach Qualität, Preisen und Nutzenversprechen vergleichst. Beobachte dabei nicht nur den günstigsten, sondern auch den gängigsten Marktpreis. Der Marktpreis ist ein wichtiger Indikator für den später erzielbaren Verkaufspreis.

 

Target Costing als integratives Gesamtkonzept

Ein Modell, auf das wir bei Nuki, unserem elektronischen Türschloss, setzen, ist das Target Costing oder auch Target Pricing. Dieses Modell bestimmt die Kosten eines Produktes anhand des Preises. Unser Financial Controller Thomas sagt dazu:

„Wir haben uns für Nuki die Frage gestellt: Was darf das Produkt kosten? Unser Ziel war es, unsere Produkte so zu fertigen, sodass sie das bieten, was die Kunden wünschen. Die gesamte Produktentwicklung und deren Kosten orientierte sich also an den Kundenbedürfnissen.“

Anhand des erhobenen Marktpreises (durch Konkurrenzanalyse und eigene Marktforschung) und der Produktpräferenzen der Kundenzielgruppe wurden die entstehenden Kosten rückwärts gerechnet, um die Zielkosten (Target Costing) für die Nuki-Produkte zu erreichen. Diese Zielkosten sind die maximal erlaubten Kosten, um den gewünschten Gewinn zu erreichen.

In frühen Entwicklungsphasen ließen sich die Produktionskosten noch stark beeinflussen. Bei der Neuproduktentwicklung bestimme Target Costing daher die Entwicklungsrichtung anhand der Kundenbedürfnisse maßgeblich. Für Startups sei Target Costing daher ein geeignetes Modell, meint Thomas.

 

 

Das war es auch schon wieder zum Thema Preisgestaltung. Weitere spannende Insights zum Thema Preiskalkulation gibt das Unternehmermagazin impulse. Im Artikel Preiskalkulation: So kalkulieren Gründer richtig greift das Magazin Beispiele aus der Praxis auf. Lesenswert! t3n.de hat abschließend 8 hilfreiche Strategien für die Preisgestaltung im Onlinehandel gesammelt. Und welche Rolle die Preispsychologie spielen kann, wird bei startup-erfolg.de erklärt.

Bis bald!

Bilder: Jeff Wilcox (Own Work, Not Changed) [CC BY 2.0 via Flickr CC], darranl (Own Work, Not Changed) [CC BY 2.0 via Flickr CC].